~~NOTOC~~ ====== Wie lange muss man im Durschnitt würfeln, bis zwei Sechser direkt hintereinander kommen? ====== Unsere Argumentation beruht auf dem folgenden Diagramm, das wir im Folgenden erklären. {{:lehrkraefte:snr:informatik:glf22:python:simulationen:erwartungswert-66-markov-diagramm.jpg?600|}} Wir unterscheiden drei Zustände (im Diagramm eingerahmt): * Zustand ''*'': Der letzte Wurf ist keine Sechs. (Dies schliesst den Fall mit ein, dass man gerade anfängt, also noch nicht gewürfelt hat. Dieser Zustand ist also auch der Startzustand.) * Zustand ''*6'': Der letzte Wurf ist eine Sechs, aber der vorletzte Wurf ist keine Sechs. * Zustand ''66'': Die beiden letzten Würfe sind Sechsen. Das ist der Endzustand. Während des Würfelns bewegt man sich zwischen diesen Zuständen: * Am Anfang ist man im (Start-)Zustand ''*''. * Wenn man im Zustand ''*'' ist und eine Sechs würfelt, kommt man in den Zustand ''*6'' und sonst in den Zustand ''*''. (Dies ist mit den Pfeilen und den per Bleistift an die Pfeile geschriebenen Zahlen angedeutet.) * Wenn man im Zustand ''*6'' ist und eine Sechs würfelt, kommt man in den Endzustand ''66'' und sonst in den Zustand ''*''. (Dies ist mit den Pfeilen und den per Bleistift an die Pfeile geschriebenen Zahlen angedeutet.) Mit Kugelschreiber geschrieben stehen an den Pfeilen die jeweiligen Wahrscheinlichkeiten, dass man sich entlang dieses Pfeils bewegt. Beispiel: Ist man im Zustand ''*6'', so würfelt man mit Wahrscheinlichkeit $\frac 56$ keine Sechs und landet im Zustand ''*''. Die rot geschriebenen Variablen $E$ und $F$ haben die folgende Bedeutung: * Die Variable $E$ steht für die Zahl, die wir bestimmen wollen, nämlich die durchschnittliche Anzahl Würfe, um vom Zustand ''*'' (der auch der Startzustand ist) in den Endzustand ''66'' zu kommen. * Die (Hilfs-)Variable $F$ steht für die die durchschnittliche Anzahl Würfe, um vom Zustand ''*6'' in den Endzustand ''66'' zu kommen. (Ich habe die Variable jeweils unter den Zustand geschrieben, an dem die entsprechende Reise durch das Diagramm beginnt.) Nun gibt es die folgenden zwei Beobachtungen, die zu einem Gleichungssystem führen. ==== Erste Beobachtung ==== Ist man im Zustand ''*'', so würfelt man sicherlich **einmal** und gelangt * mit Wahrscheinlichkeit $\frac 16$ in den Zustand ''*6'' (nämlich, wenn man eine Sechs würfelt), von dem aus man noch durchschnittlich $F$ Würfe bis zum Endzustand ''66'' benötigt; * mit Wahrscheinlichkeit $\frac 56$ in den Zustand ''*'' (nämlich, wenn man keine Sechs würfelt), von dem aus man noch durchschnittlich $E$ Würfe bis zum Endzustand ''66'' benötigt. Diese Beobachtung zeigt, dass $E$, die durchschnittliche Anzahl Würfe, um vom Zustand ''*'' in den Endzustand ''66'' zu kommen, auch durch den Ausdruck $$\frac 16 (1+F) + \frac 56 (1+E)$$ gegeben ist, denn: * mit Wahrscheinlichkeit $\frac 16$ muss man durchschnittlich noch $(1+F)$-Mal würfeln, bis man im Endzustand ankommt (die 1 kommt vom fett geschriebenen Wort "einmal" oben); * mit Wahscheinlichkeit $\frac 56$ muss man durchschnittlich noch $(1+E)$-Mal würfeln, bis man im Endzustand ankommt. Insgesamt muss also die folgende Gleichung gelten: $$E=\frac 16 (1+F) + \frac 56 (1+E)$$ ==== Zweite Beobachtung ==== Ist man im Zustand ''*6'', so würfelt man sicherlich **einmal** und gelangt * mit Wahrscheinlichkeit $\frac 16$ in den Endzustand ''66'' (nämlich, wenn man eine Sechs würfelt); * mit Wahrscheinlichkeit $\frac 56$ in den Zustand ''*'' (nämlich, wenn man keine Sechs würfelt), von dem aus man noch durchschnittlich $E$ Würfe bis zum Endzustand ''66'' benötigt. Ähnlich wie oben liefert diese Beobachtung die Gleichung $$F=\frac 16 (1+0) + \frac 56 (1+E)$$ (Die Null ist eigentlich überflüssig, deutet aber das Folgende an: Wenn man im Endzustand ist, braucht man genau (und auch im Durschnitt) 0 Würfe, um in den Endzustand zu kommen.) ==== Schlussrechnung ==== Diese beiden Beobachtungen liefern zusammen das lineare Gleichungssystem $$E=\frac 16 (1+F) + \frac 56 (1+E)$$ $$F=\frac 16 (1+0) + \frac 56 (1+E)$$ Das Lösen dieses Gleichungssystems ist dem Leser überlassen. (Multiplizere zuerst beide Gleichungen mit $6$.) $E=42$ und $F=36$. $42$ ==== Aufgaben ==== Falls du testen willst, wie gut du das Obige verstanden hast. Wie lange muss man im Durschnitt würfeln, bis zuerst eine 6 und direkt danach eine 5 kommt? Im Diagramm oben muss nur ein Pfeil verändert werden (und die Beschriftung aller Zustände). Wie lange muss man im Durchschnitt würfeln, bis eine 6 erscheint? Beantworte eine ähnliche, selbstgestellte Frage! Etwa eine mit Münzwürfen. ===== Mathematischer Kontext ===== Die obigen Erklärungen gehören zum Teilgebiet **Wahrscheinlichkeitstheorie** der Mathematik. Die durchschnittliche Anzahl der Würfe, bis zwei Sechser direkt hintereinander kommen, heisst **Erwartungswert** für dieses Ereignis. Deswegen habe ich oben den Buchstaben "E" verwendet. Allgemein beantwortet ein Erwartungswert die Frage, wie lange man durschnittlich //warten// muss, bis ein bestimmtes Ereignis eintritt. Das Diagramm, das wir oben verwendet haben, hat mit Markow-Ketten zu tun. (Wohl deutlich über Schulniveau: https://de.wikipedia.org/wiki/Markow-Kette; das Wetterbeispiel dort ähnelt unserem Beispiel und könnte verständlich sein.)